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Zuletzt geändert am: 28.10.2015 |
Oliver Krischer - http://oliver-krischer.eu/ |
Wie hat sich das Thema Indesee entwickelt und wie bewerten wir das Thema
heute?
Ursprünglich war im Braunkohlenplan festgeschrieben, dass der
Tagebau Inden nach Ende der Förderung mit Erde aus dem Tagebau Hambach verfüllt
wird.
Die Gemeinde Inden hat vor über 10 Jahren den Antrag gestellt, den
Tagebau mit Wasser statt Erde zu füllen. Die Region hat 2009 mit dem Votum des
Braunkohleausschusses entschieden, auf die ursprünglich vorgesehene
Verpflichtung von RWE zu verzichten und das Loch stattdessen mit Wasser zu
befüllen. Die grünen Mitglieder in diesem Ausschuss haben nach langem Abwägen am
Ende mit Bauschmerzen für die Seelösung gestimmt, während die Grünen in der
Stadt Düren die Seelösung ablehnten und eine Klage der Stadt dagegen dann später
auch unterstützten.
Nach einer mehrere Jahrzehnte andauernden
Befüllungsphase entsteht mit dem "Indesee" der mit Abstand größte See in NRW.
Einige Jahre später folgen mit den anderen Restlöchern der Tagebaue Hambach und
Garzweiler die noch einmal größeren Restseen „Hambach-See“ und „Garzweiler See".
Die Entscheidung für eine Restlochverfüllung mit Wasser oder Erde ist
eine, die kommende Generationen betrifft. Es ist heute kaum zu klären, ob für
unsere Kinder und Enkel im Jahr 2050 und später eine Verfüllung mit Wasser oder
Erde die sinnvollere Lösung ist. Wir müssen es aber entscheiden, was mit der
Gegend geschehen soll!
Das Ausmaß der Inde-, Hambach und Garzweiler
-Restlöcher mit Tiefen bis zu 400 Meter und Ausdehnungen von etlichen
Quadratkilometern sind Altlasten, die auch nach ihrer Herstellung
Ewigkeitskosten in beträchtlicher Höhe für die Allgemeinheit verursachen
werden.
Es geht nun darum, die technische Beherrschbarkeit des Projektes
Indesee immer wieder zu überprüfen und ggf. Vorkehrungen zu treffen, wenn es
neue Hinweise auf ungelöste Probleme und ungeklärte Fragen gibt.
Doch genau
das ist bisher nicht geschehen!
Mit dem Unglück von Nachterstedt in
Sachsen-Anhalt, bei dem im Jahr 2009 eine komplette Böschung und Teile eines
Ortes in einen Braunkohlerestsee rutschen, der gerade befüllt wurde, ist eine
völlig neue Situation entstanden.
Bis heute ist die Ursache der
Katastrophe von Nachterstedt nicht endgültig geklärt. Große Teile der
ostdeutschen Braunkohlesanierung mit großen Seen, die bis dahin als Vorbild für
das Rheinisches Braunkohlerevier galten, sind gestoppt und stehen grundsätzlich
in Frage.
RWE und die damalige schwarz-gelbe Landesregierung von NRW
wussten schon Stunden nach dem Unglück von Nachterstedt, dass eine solche
Katastrophe in Rheinland nicht möglich ist. Woher sie diese Erkenntnis zogen,
hat die Öffentlichkeit bis heute nicht erfahren. Im Gegenteil: Inzwischen hat
sich herausgestellt, dass auch bei Rheinischen Braunkohletagebauen schwere
Böschungsrutschungen aufgetreten sind, RWE diese aber zum Teil gegenüber der
Öffentlichkeit zu vertuschen versucht hat.
Deshalb hat die Grüne
Landtagsfraktion bei der endgültigen Entscheidung über eine Wasserbefüllung des
Indetagebau -Restlochs GEGEN die Seelösung gestimmt. Unsere damalige
Aufforderung, die Standsicherheit der Böschungen und alle ungeklärten Fragen der
technischen Beherrschbarkeit eines Sees erneut zu überprüfen, lehnten die
damalige Landesregierung und RWE ab.
Vor allem aber weigerten sich
Landesregierung und RWE auch, der Grünen Forderung nachzukommen, die bei RWE
eingesparten Verfüllungskosten der Region als Sicherheitsleistung für die Zeit
nach Tagebau zur Verfügung zu stellen. Die Wasserbefüllung ist nämlich für RWE
um mehrere hundert Millionen Euro günstiger als die viel aufwendigere
Erdverfüllung. Daraus erklärte sich auch das starke Engagement von RWE für die
Wasser- anstatt der Erdbefüllung des Restlochs Inden.
Erstaunlich war
damals, dass der Hauptbefürworter der Wasserbefüllung, der Dürener Landrat
Wolfgang Spelthahn, auch absolut nichts von einer Sicherheitsleistung RWEs
wissen wollte. Inzwischen hat sich herausgestellt, dass RWE die Indeland GmbH,
eine von Spelthahns zahlreichen Gesellschaften des Kreises Düren, mit
sechsstelligen Beträgen jedes Jahr unterstützt, was aber nur ein winziger
Bruchteil der eingesparten Verfüllungskosten sein dürfte. Außerdem übt
Spelthahn seit 2011 einen gut dotierten Aufsichtsratsposten bei RWE Power aus.
Sicher war sein langjähriges Engagement bei der Wasserbefüllung des
Inderestlochs und an vielen anderen Stellen im Sinne der Interessen von RWE und
nicht schädlich für die Berufung für dieses Posten. Ein klassisches Beispiel
für den Filz zwischen RWE und Kommunalpolitik im Rheinischen
Braunkohlerevier.
Was RWE und schwarz-gelbe Landesregierung 2009
verweigerten, haben die Grüne Landtagsfraktion und die Grüne
Regionalratsfraktion nun in Angriff genommen: Im Landtag würde eine umfängliche
Anfrage eingebracht, die es der Landesregierung ermöglicht, die langfristigen
Folgen des Braunkohlebergbau insbesondere in der Zeit nach Beendigung des
Bergbaus zu bewerten. Mit der Beantwortung der Anfrage durch die
Landesregierung wird in Kürze gerechnet.
Die Grüne Regionalratsfraktion
hat darüber hinaus ein Gutachten zur Stabilität und technischen
Beherrschbarkeit der Böschungen in den Tagebauen erarbeiten lassen. Es ist
unter http://www.gruene-regionalrat-koeln.de/3203/gutachten-von-dr-ing-michael-lersow-zur-flutung-des-trl-inden-ii/
zu finden und zeigt berechtigte Zweifel auf, dass die Wasserbefüllung der
Restlöcher mit den bisherigen Planungen nicht sicher möglich ist.
Das
erschüttert zusammen mit ebenfalls ungelösten Fragen zu Bergschäden,
Grundwasser und Luftreinhaltung noch weiter die Glaubwürdigkeit von RWE in der
Region. Erst recht mit der wirtschaftlichen Talfahrt des RWE-Konzerns und
seiner inzwischen offensichtlichen finanziellen Schieflage stellt sich immer
drängender die Frage, ob der Konzern in Zukunft – und erst recht nach dem
absehbaren Ende des Braunkohlebergbaus - noch willens und in der Lage sein wird,
seinen Verpflichtungen für Schäden, Alt- und Ewigkeitslasten aus dem Bergbau
aufzukommen. Umso fataler ist es, dass mit schwarz-rot-gelben Mehrheiten in Land
NRW, im Regionalrat Köln und im Kreis Düren fahrlässig auf eine Bereitstellung
der eingesparten Verfüllungskosten durch RWE für die betroffene Region
verzichtet wurde. Das wird sich bitter rächen, genauso wie vielleicht die
Entscheidung pro Indesee grundsätzlich.