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Oliver Krischer Oliver Krischer
Zuletzt geändert am:  28.10.2015
Oliver Krischer - http://oliver-krischer.eu/
23. April 2013

Was kommt nach dem Braunkohletagebau

Position der Grünen im Kreis Düren zum geplanten Indesee

 

Wie hat sich das Thema Indesee entwickelt und wie bewerten wir das Thema heute?

Ursprünglich war im Braunkohlenplan festgeschrieben, dass der Tagebau Inden nach Ende der Förderung mit Erde aus dem Tagebau Hambach verfüllt wird.

Die Gemeinde Inden hat vor über 10 Jahren den Antrag gestellt, den Tagebau mit Wasser statt Erde zu füllen. Die Region hat 2009 mit dem Votum des Braunkohleausschusses entschieden, auf die ursprünglich vorgesehene Verpflichtung von RWE zu verzichten und das Loch stattdessen mit Wasser zu befüllen. Die grünen Mitglieder in diesem Ausschuss haben nach langem Abwägen am Ende mit Bauschmerzen für die Seelösung gestimmt, während die Grünen in der Stadt Düren die Seelösung ablehnten und eine Klage der Stadt dagegen dann später auch unterstützten.

Nach einer mehrere Jahrzehnte andauernden Befüllungsphase entsteht mit dem "Indesee" der mit Abstand größte See in NRW. Einige Jahre später folgen mit den anderen Restlöchern der Tagebaue Hambach und Garzweiler die noch einmal größeren Restseen „Hambach-See“ und „Garzweiler See".

Die Entscheidung für eine Restlochverfüllung mit Wasser oder Erde ist eine, die kommende Generationen betrifft. Es ist heute kaum zu klären, ob für unsere Kinder und Enkel im Jahr 2050 und später eine Verfüllung mit Wasser oder Erde die sinnvollere Lösung ist. Wir müssen es aber entscheiden, was mit der Gegend geschehen soll!
Das Ausmaß der Inde-, Hambach und Garzweiler -Restlöcher mit Tiefen bis zu 400 Meter und Ausdehnungen von etlichen Quadratkilometern sind Altlasten, die auch nach ihrer Herstellung Ewigkeitskosten in beträchtlicher Höhe für die Allgemeinheit verursachen werden.

Es geht nun darum, die technische Beherrschbarkeit des Projektes Indesee immer wieder zu überprüfen und ggf. Vorkehrungen zu treffen, wenn es neue Hinweise auf ungelöste Probleme und ungeklärte Fragen gibt.
Doch genau das ist bisher nicht geschehen!

Mit dem Unglück von Nachterstedt in Sachsen-Anhalt, bei dem im Jahr 2009 eine komplette Böschung und Teile eines Ortes in einen Braunkohlerestsee rutschen, der gerade befüllt wurde, ist eine völlig neue Situation entstanden.

Bis heute ist die Ursache der Katastrophe von Nachterstedt nicht endgültig geklärt. Große Teile der ostdeutschen Braunkohlesanierung mit großen Seen, die bis dahin als Vorbild für das Rheinisches Braunkohlerevier galten, sind gestoppt und stehen grundsätzlich in Frage.

RWE und die damalige schwarz-gelbe Landesregierung von NRW wussten schon Stunden nach dem Unglück von Nachterstedt, dass eine solche Katastrophe in Rheinland nicht möglich ist. Woher sie diese Erkenntnis zogen, hat die Öffentlichkeit bis heute nicht erfahren. Im Gegenteil: Inzwischen hat sich herausgestellt, dass auch bei Rheinischen Braunkohletagebauen schwere Böschungsrutschungen aufgetreten sind, RWE diese aber zum Teil gegenüber der Öffentlichkeit zu vertuschen versucht hat.

Deshalb hat die Grüne Landtagsfraktion bei der endgültigen Entscheidung über eine Wasserbefüllung des Indetagebau -Restlochs GEGEN die Seelösung gestimmt. Unsere damalige Aufforderung, die Standsicherheit der Böschungen und alle ungeklärten Fragen der technischen Beherrschbarkeit eines Sees erneut zu überprüfen, lehnten die damalige Landesregierung und RWE ab.

Vor allem aber weigerten sich Landesregierung und RWE auch, der Grünen Forderung nachzukommen, die bei RWE eingesparten Verfüllungskosten der Region als Sicherheitsleistung für die Zeit nach Tagebau zur Verfügung zu stellen. Die Wasserbefüllung ist nämlich für RWE um mehrere hundert Millionen Euro günstiger als die viel aufwendigere Erdverfüllung. Daraus erklärte sich auch das starke Engagement von RWE für die Wasser- anstatt der Erdbefüllung des Restlochs Inden.

Erstaunlich war damals, dass der Hauptbefürworter der Wasserbefüllung, der Dürener Landrat Wolfgang Spelthahn, auch absolut nichts von einer Sicherheitsleistung RWEs wissen wollte. Inzwischen hat sich herausgestellt, dass RWE die Indeland GmbH, eine von Spelthahns zahlreichen Gesellschaften des Kreises Düren, mit sechsstelligen Beträgen jedes Jahr unterstützt, was aber nur ein winziger Bruchteil der eingesparten Verfüllungskosten sein dürfte. Außerdem übt Spelthahn seit 2011 einen gut dotierten Aufsichtsratsposten bei RWE Power aus. Sicher war sein langjähriges Engagement bei der Wasserbefüllung des Inderestlochs und an vielen anderen Stellen im Sinne der Interessen von RWE und nicht schädlich für die Berufung für dieses Posten. Ein klassisches Beispiel für den Filz zwischen RWE und Kommunalpolitik im Rheinischen Braunkohlerevier.

Was RWE und schwarz-gelbe Landesregierung 2009 verweigerten, haben die Grüne Landtagsfraktion und die Grüne Regionalratsfraktion nun in Angriff genommen: Im Landtag würde eine umfängliche Anfrage eingebracht, die es der Landesregierung ermöglicht, die langfristigen Folgen des Braunkohlebergbau insbesondere in der Zeit nach Beendigung des Bergbaus zu bewerten. Mit der Beantwortung der Anfrage durch die Landesregierung wird in Kürze gerechnet.

Die Grüne Regionalratsfraktion hat darüber hinaus ein Gutachten zur Stabilität und technischen Beherrschbarkeit der Böschungen in den Tagebauen erarbeiten lassen. Es ist unter http://www.gruene-regionalrat-koeln.de/3203/gutachten-von-dr-ing-michael-lersow-zur-flutung-des-trl-inden-ii/  zu finden und zeigt berechtigte Zweifel auf, dass die Wasserbefüllung der Restlöcher mit den bisherigen Planungen nicht sicher möglich ist.

Das erschüttert zusammen mit ebenfalls ungelösten Fragen zu Bergschäden, Grundwasser und Luftreinhaltung noch weiter die Glaubwürdigkeit von RWE in der Region. Erst recht mit der wirtschaftlichen Talfahrt des RWE-Konzerns und seiner inzwischen offensichtlichen finanziellen Schieflage stellt sich immer drängender die Frage, ob der Konzern in Zukunft – und erst recht nach dem absehbaren Ende des Braunkohlebergbaus - noch willens und in der Lage sein wird, seinen Verpflichtungen für Schäden, Alt- und Ewigkeitslasten aus dem Bergbau aufzukommen. Umso fataler ist es, dass mit schwarz-rot-gelben Mehrheiten in Land NRW, im Regionalrat Köln und im Kreis Düren fahrlässig auf eine Bereitstellung der eingesparten Verfüllungskosten durch RWE für die betroffene Region verzichtet wurde. Das wird sich bitter rächen, genauso wie vielleicht die Entscheidung pro Indesee grundsätzlich.